Die Gründerzeit
Der Musikverein Deutschfeistritz wurde im Jahre 1875 durch die Herren Oberlehrer Peter Jakopp, Lehrer Alois Fasching, Lehrer Franz Hierhold und Kaplan Pater Viktorin Kodric gegründet und war in erster Linie ein Streichorchester, das sich vorwiegend mit Kirchenmusik befasste. Der Verdienst des Militärmusikers Raimund Lehmann war es, dass sich schon nach einigen Jahren eine Blaskapelle formierte. Vereinsmitglieder waren Bürger und Geschäftsleute aus Peggau und Deutschfeistritz, die großteils sowohl ein Streichinstrument als auch ein Blechblasinstrument beherrschten. Zur Beschaffung von Instrumenten und Noten wurden Sammlungen durchgeführt und Vereinsveranstaltungen abgehalten.
Die musikalische Tätigkeit erstreckte sich vorwiegend auf Teilnahme an patriotischen und kirchlichen Feiern.
Zur Vorbereitung darauf wurde einmal in der Woche geprobt, wobei im Winter Streichmusikproben und im Sommer Blechmusikproben abgehalten wurden. Als erste in der Chronik notierte Ausrückung ist die Teilnahme an einem Fackelzug anlässlich der silbernen Hochzeit des Kaisers Franz Josef I. am 23. April 1879 festgehalten.
Da viele Mitglieder des Musikvereines auch der Freiwilligen Feuerwehr Deutschfeistritz angehörten, war es naheliegend in den schmucken Feuerwehruniformen als Feuerwehrkapelle aufzutreten.
In den Jahren bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges standen dem Verein nach Pater Victorin Kodric die Herren Heinrich Lehmann (Färbermeister), Johann Zester (Bahnbeamter), Peter Jakopp (Oberlehrer) und der Landwirt Franz Bauernberger als Obmänner vor. Die musikalische Leitung lag in dieser Zeit in den Händen von Oberlehrer Peter Jakopp, Kaffeehausbesitzer Raimund Lehmann, Gastwirt Kaspar Zinner und ab 1908 von Schuldirektor Josef Zinner, der in dieser Funktion bis 1947 tätig war.
Im Jahre 1910 wurde in Peggau eine Feuerwehrkapelle gegründet, wodurch der Verein einige wertvolle Mitglieder verlor.
Mit Beginn des ersten Weltkrieges im Jahre 1914 stellte man die musikalische Tätigkeit zur Gänze ein, da fast alle Musiker einrücken mussten.
Die Zwischenkriegszeit
Nach dem ersten Weltkrieg war die Wiederaufnahme der Tätigkeit des Musikvereines einem Neubeginn gleichzusetzen.
Personelle Lücken, die im Krieg gefallene Musiker hinterließen, waren zu schließen, und mit der musikalischen Aufbauarbeit musste von vorne begonnen werden. Mit hohem persönlichem Einsatz bildete man junge Musiker aus, um die Besetzung der einzelnen Instrumentengruppen wieder zu vervollständigen. Besonders verdienstvolle Arbeit bei dieser Ausbildung leisteten neben Kapellmeister Josef Zinner die Musiker Franz Bauernberger jun., Karl Schraußer und Josef Kals.
Aufgrund intensiver Probenarbeit während dieses Neubeginnes war es möglich, die musikalischen Leistungen, die anfangs von der Bevölkerung noch belächelt wurden, innerhalb weniger Jahre auf ein deutlich höheres Niveau zu heben.
Allein die Tatsache, dass der Musikverein im Jahre 1929 bei 53 Veranstaltungen mitwirkte, legt Zeugnis dafür ab, welcher Beliebtheit sich der Verein mittlerweile erfreuen durfte.
Waren es vor dem Krieg in erster Linie patriotische und kirchliche Feiern, die von den Musikern umrahmt wurden, so sorgte nach dem Krieg eine Flut von Waldfesten und Bällen dafür, dass vermehrt Tanzunterhaltungen und Konzerte den Gegenstand von Ausrückungen des Vereines als Blasmusikkapelle bzw. als Streichkapelle darstellten.
Auch die musikalische Begleitung von Schifahrern zu einem Abfahrtsrennen in Zitoll ist in der Chronik erwähnt.
Das äußere Erscheinungsbild des Musikvereines ändert sich in dieser bewegten Zeit ebenfalls. Seit dem Jahre 1925 traten die Musiker in Trachtenkleidung auf. Die erste Tracht bestand aus einem Steireranzug und einem Ausseerhut mit Auerhahnstoß.
Beispielhaft für die politische Neutralität des Musikvereines kann ein Vorfall aus dem Jahr 1932 angeführt werden: Im Rahmen des Wahlkampfes zur Gemeinderatswahl sollte der Musikverein für politische Propaganda missbraucht und einige Mitglieder zum Austritt aus dem Verein bewegt werden. Sämtliche Versuche in diese Richtung schlugen fehl und zusammenfassend konnte festgestellt werden „…zur Ehre sämtlicher Mitglieder kann gesagt werden, dass sie dem Verein die Treue bewahrten…“ (aus „Chronik des MV Deutschfeistritz – Peggau“).
Während dieser Zeit, seit Ende des 1.Weltkrieges, stand der Verein unter der musikalischen Leitung von Direktor Josef Zinner. Als Obmänner fungierten nach Franz Bauernberger sen. Franz Schwarz, Johann Schaupp und Dentist Erwin Kölbl.
Der 2. Weltkrieg führte zu einer deutlichen Reduzierung der Aktivitäten des Musikvereines.
Infolge der Kriegsereignisse und der Einberufung von Mitgliedern zur Wehrmacht, beschränkte sich die Tätigkeit des Vereines auf die Mitwirkung bei verschiedenen Festlichkeiten, Gedenkfeiern und Kundgebungen. Den Ausrückungen gingen immer nur einige Proben voraus. Bis auf ganz wenige Ausnahmen konnte nur eine kleine Blechblasmusik an den Veranstaltungen teilnehmen.
Die Nachkriegszeit
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges war der Weiterbestand des Musikvereines höchst gefährdet. Aufgrund der ehemaligen Mitgliedschaft einiger Musiker in der NSDAP sollte der Verein durch die englische Besatzungsmacht aufgelöst werden. Dem Verhandlungsgeschick von Pankratz Draxler, dem Gründer der Feuerwehrkapelle Peggau, war es zuzuschreiben, dass dem Auflösungsantrag nicht stattgegeben wurde. Die Feuerwehrkapelle Peggau konnte ihre Tätigkeit nach dem Krieg nicht mehr aufnehmen, da russische Soldaten sämtliche Musikinstrumente verschleppt hatten und das Notenarchiv zum größten Teil vernichtet worden war.
Am 14. Juli 1945 fand die erste Probe nach
dem Kriegsende statt. Nach und nach kamen Musiker aus der
Gefangenschaft zurück, und der Mitgliederstand wuchs bald wieder auf 25
Mann. Durch die Tatsache, dass mit Hermann Ploder, Franz Thonhauser,
Karl Schraußer, Anton Ribic und Franz Sattler routinierte Militärmusiker
nahezu jedes Instrumentenregister verstärkten, konnte der Musikverein
bereits nach kurzer Zeit wieder Spitzenleistungen erbringen.
Ein
besonders schöner Erfolg konnte am 10.Juli 1949 erspielt werden. Bei
einem Wertungsspiel im oststeirischen Ort Anger, an dem 22 Kapellen
teilnahmen, wurde dem Musikverein Deutschfeistritz unter der Leitung von
Franz Bauernberger, der das Kapellmeisteramt von Ignatz Stiendl
übernommen hat, der 1.Preis verliehen. Zum Vortrag gelangte die
Ouvertüre „Der Kalif von Bagdad“.
Im Laufe der Zeit wurde der Ruf nach einer vereinseigenen einheitlichen Tracht immer lauter. Der Zustand der Tracht wird in der Chronik folgendermaßen beschrieben: “1948 hatten wir noch keine (einheitliche) Trachtenkleidung. Vom Trachtenjankerl bis zum Salonsteireranzug war alles gestattet, nur steirisch musste es sein.“
Im September 1950 wurde deshalb der Beschluss gefasst, eine Trachtenkleidung für die Musiker anzuschaffen. Die Einnahmen aus einem gut organisierten Musikertreffen auf der Winterleitner Wiese im Jahre 1950 bildeten eine wesentliche Grundlage für das große Vorhaben der Einkleidung von 25 Musikern.
Schon im März 1951 konnte der Musikverein zum erstenmal mit der neuen Tracht, einem Steireranzug aus lichtgrauem Loden, dazu einem Steirerhut und rotem Schlipps ausrücken. Ein gesticktes Ärmelschild ziert seither unseren Steirerrock.
In diesen Jahren wurde aber nicht nur die Tracht erneuert, auch in der Probenarbeit und der Ausbildung junger Musiker wurden neue Wege beschritten.
Zur Vorbereitung auf Wertungsspiele erfolgte die Probenarbeit in Gesamtproben und in zusätzlichen Gruppenproben. Diese Unterteilung der Proben ist in unserem Verein auch heute noch üblich und hat sich bewährt. Das Resümee einer Gruppenprobe vom 8.März 1951 lautete kurz „…Detailprobe zu „Dichter und Bauer“ mit den Klarinetten. Mies!!“.
Bezüglich der Ausbildung junger Musiker wurde bereits 1952 die Feststellung getroffen, dass es in Zukunft unbedingt notwendig sein wird, die Jugend stärker als bisher für die Blasmusik zu gewinnen. Die Vereinsleitung müsste den Lernenden Instrumente zur Verfügung stellen.“ (aus „Chronik des MV Deutschfeistritz – Peggau“).
Auch dieser Gedanke der Leihinstrumente für lernende Musiker ist heute im Musikverein verwirklicht.
Die musikalische Leitung des Vereines lag bis 1962 in den Händen von Franz Bauernberger.
Unter seiner Dirigentenschaft wurden am 16.Februar 1952 für den Sender „Alpenland“ mehrere Märsche auf Tonbänder aufgezeichnet. Die Aufnahmearbeiten dazu wurden in einem Saal der Maschinenfabrik Andritz vorgenommen. Bereits am 23.März 1952 wurde ein Teil dieser Tondokumente im Rahmen der Sendung „Stunde der Blasmusik“ im Rundfunk ausgestrahlt.
Die Obmannschaft übernahmen in dieser Zeit nach Erwin Kölbl der Tischlermeister Oskar Binder, Beamter Maximilian Schaupp und Oberschulrat Hans Pongratz
Die letzten vier Jahrzehnte
In der Festschrift zum 100-jährigen Bestandsjubiläum des Musikvereines wird die Zwischenkriegszeit aufgrund der 40 Jahre andauernden Kapellmeistertätigkeit von Direktor Josef Zinner unter dem Titel „Die Ära Zinner“ beschrieben. In Anlehnung daran können wir innerhalb der letzten vier Jahrzehnte auf eine Ära Kaindlbauer zurückblicken. Nach Oberschulrat Hans Pongratz leiteten über einen Zeitraum von 27 Jahren die Militärmusiker Anton Kaindlbauer und anschließend sein Sohn Hermenegild den Verein in musikalischer Hinsicht. Besonders erfolgreich wurde in dieser Zeit die Ausbildung junger Musiker betrieben. Im Jahr 1968 steht in der Chronik diesbezüglich: „Die forcierte Ausbildung junger Musiker durch Kapellmeister Anton Kaindlbauer hat bereits Früchte getragen. 12 Beitritte!“.
Unter der Obmannschaft von Franz Sattler und nachfolgend Hans Pongratz gelang es, für die Musiker eine Tracht aus Kammgarn zu beschaffen (1963) und den Verein mit neuen tiefgestimmten Instrumenten auszustatten (1967).
Nachdem sich die Gemeinden Peggau und Deutschfeistritz zum Aufgabengebiet des Musikvereines entwickelten und Musiker aus beiden Gemeinden im Verein tätig waren, wurde der Musikverein Deutschfeistritz im Jahre 1968 diesen Umständen entsprechend in „Musikverein Deutschfeistritz-Peggau“ umbenannt.
Im gleichen Jahr wurde die Bevölkerung zum 1. Neujahrskonzert im Festsaal der Gemeinde Peggau eingeladen. Dieses Neujahrskonzert war bis 1981 ein Fixpunkt im Veranstaltungskalender. In weiterer Folge fanden die Jahreskonzerte als „Stefanikonzert“ am 26. Dezember statt und werden seit 1997 als „Frühjahrskonzert“ am Palmsamstag abgehalten. Unabhängig vom Termin stellt das Jahreskonzert den musikalischen Höhepunkt im jährlichen Wirken der Musiker dar und erfreut sich bei der Bevölkerung anhaltender Beliebtheit.
Der Musikverein beschränkte sein Einsatzgebiet aber nicht auf die nähere Umgebung. Persönliche Bekanntschaften und das besondere Organisationstalent der Obmänner Polzhofer Herbert, Thaller Karl, Schuller Josef ermöglichten die Durchführung von Konzertreisen nach Langenthal in der Schweiz sowie die Abhaltung von Großveranstaltungen und Festen.
Bis 1978 waren ausschließlich Männer als Musiker im Musikverein tätig. Seit dieser Zeit verstärken auch Damen verschiedene Instrumentengruppen in unserem Verein. Die Damen tragen bei den Ausrückungen ein Obdacher Dirndlkleid, während die Männer seit 1974 in einer Hammerherrentracht auftreten.
Nahezu unbemerkt konnte in den letzten Jahrzehnten die Anzahl der aktiven Musiker auf über 40 Damen und Herren angehoben werden. Den Nachweis für die Leistungen der Musiker liefern hervorragende Bewertungen des Musikvereines bei Konzert- und Marschwertungen, die Erfolge unserer jungen Musiker bei den Prüfungen zum Jungmusikerleistungsabzeichen sowie das Ansehen und die Akzeptanz des Vereines innerhalb der Bevölkerung.
Die erhöhten Anforderungen in der Ausbildung und am Arbeitsplatz, die vorausgesetzte Flexibilität hinsichtlich des Dienstortes und nicht zuletzt tragische Todesfälle reißen aber immer wieder unerwartet Musiker aus unserer Mitte. Um unseren Aufgaben nachkommen zu können und nicht zuletzt den Weiterbestand des Musikvereines zu gewährleisten, legen wir daher größtes Augenmerk auf die Heranbildung von Musikern und pflegen dabei engen Kontakt zur Musikschule Frohnleiten.
Das stete Anwachsen der Anzahl der Musiker und der steigende Umfang unserer Instrumenten- und Notenarchive ließ im Laufe der Zeit unsere Proberäume immer wieder zu klein werden. Es freut uns ganz besonders, dass wir diese Problematik mit Beginn unseres Jubiläumsjahres 2000 als langfristig gelöst betrachten dürfen. Auf Initiative unseres Kapellmeisters Peter Krinner und begünstigt durch Umbaumaßnahmen im Schulzentrum, war die Errichtung eines Musikerheimes möglich. Im Rahmen der ersten Probe im Jahr 2000 nahmen wir den 14. Proberaum seit Bestehen des Musikvereines in Betrieb.
Dieser neue Proberaum wurde größtenteils von den Musikerinnen und Musikern in Eigenregie erbaut und dient auch als Kommunikationsplatz zwischen Alt und Jung.
Das neue Haus der Musik wurde im Rahmen des 120 Jahr Jubiläums offiziell seiner Bestimmung übergeben. Es erfüllt als Probe – und Kommunikationsraum die besten Anforderungen für unsere Tätigkeit.
Die Erneuerung der über 25 Jahre alten Hammerherrentracht aus der Region Übelbachtal (Steireranzug in mittelgrauer Farbe mit schwarzem Gilet) stand im Jahr 2004 auf der Tagesordnung. Nach sehr vielen Besichtigungen und Anproben wurde die Entscheidung zu Gunsten des Grazer Bürgerrockes in dunkelroter Farbe mit schwarzer Hose für die Musiker gefällt. Die Musikerinnen wurden mit der Mittleren Murtaler Sonntagstracht eingekleidet, unsere Ehrendamen tragen die Mittlere Murtaler Festtagstracht.
Diese neue Tracht wurde im Rahmen einer großen Feier vor dem Haus der Musik gesegnet und den Musikern offiziell übergeben.
Aufgrund der erfolgreichen Teilnahme an Konzert- und Marschmusikwertungsspielen wurden dem Musikverein Deutschfeistritz-Peggau vier Steirische Panther und drei Robert-Stolz-Preise verliehen. In den letzten Jahren erfolgten auch Teilnahmen an Großveranstaltungen wie Bundesmusikparade in Deutschland und Mid Europe mit einer Marschshow, beim Bundesmusikfest in Wien, sowie Konzertreisen nach Söchtenau/Bayern und Afers/Südtirol.
In der mittlerweile über 130-jährigen Tätigkeit des Vereines wurde vorwiegend die Erhaltung und Förderung der örtlichen Blasmusik zum obersten Ziel ernannt. Bei der Bewältigung unserer Aufgaben dürfen wir dankbar auf die großzügige Unterstützung durch die Gemeinden Deutschfeistritz und Peggau sowie der Bevölkerung zurückblicken.
Unter der Leitung unseres Obmannes Thomas Rumpl und Kapellmeisters Hermenegild Kaindlbauer werden auch die nächsten Jahre mit dem Vorsatz begangen, mit Begeisterung den vielfältigen Anforderungen an die Blasmusik zur Freude der Bevölkerung gerecht zu werden.